Viele Betroffene sind körperlich, psychisch und finanziell an ihren Grenzen.
Gut 70 Bürgerinnen und Bürger, darunter an Long Covid erkrankte Menschen und deren Angehörige, waren meiner Einladung zu einer Informationsveranstaltung zu Long Covid in den Kulturhof nach Hackenheim gefolgt. Diese zeichnete sich durch ein hochkarätig besetztes Podium aus. Das Thema beschäftigt viel und stieß auf ein enormes Interesse, wie der gute Besuch zeigte.
Der Ministerialdirektor im rheinland-pfälzischen Gesundheitsministerium, Daniel Stich, berichtete über Pläne der Landesregierung, die sich um die Schaffung fester interdisziplinärer Strukturen der Vernetzung bemüht. Geplant sind zunächst Anlaufstellen in Mainz, Trier, Kaiserslautern und Ludwigshafen. In diesen ambulanten Zentren sollen Allgemeinmediziner, Kardiologen und Lungenfachärzte zusammenarbeiten. Gleichzeitig sollen die Hausärzte zentrale Ansprechpartner bleiben. Stich machte aber auch deutlich, dass viel mehr in die Forschung investiert werden muss, „weil man bis heute nicht weiß, warum manche Menschen an Long Covid erkranken und andere eben nicht.“ Stich konnte auch hinsichtlich der Therapie aktuell keine Hoffnung machen. „Es gibt bis heute für Long Covid und Post Covid weder evidenzbasierte diagnostische Parameter noch eine kurative Therapie, die in kontrollierten Studien untersucht wurde.“ Wir planen jedoch, zusammen mit der Bundesregierung, eine Internetseite über die Landeszentrale für Gesundheitsförderung (LZG) zu implementieren, die zentral informieren und Hilfesuchende und ihre Angehörigen eine wichtige Unterstützung sein soll. Selbstverständlich unterstütze man aber auch andere Wege, die basierend auf Erkenntnissen, Betroffenen wichtige Informationen lieferten.
Einen ganz praktischen Schritt geht die 24-jährige Johanna Theobald aus Mainz, die selbst ein Jahr mit Long Covid kämpfte. Aus ihrer Erfahrung heraus, hat sie vor einem Jahr in Mainz eine Selbsthilfegruppe gegründet. Diese wünscht sich weitere Gruppen flächendeckend und dezentral im Land, wozu auch die Veranstaltung des Abgeordneten einen Anstoß geben möchte. Theobald machte deutlich, dass die Gruppe keine klassische Selbsthilfegruppe sei, weil die Betroffenen oft nicht die Kraft hätten, um zweimal im Monat ins Gespräch und den Austausch zu kommen. Es geht oft um Fragen und den Informationsaustausch zu Themen wie Berufsunfähigkeit, Krankengeld, Antragstellungen und bürokratische Mühlen.
Die Ärztin Dr. Isabelle Greber aus Boppard berichtet umfassend über die verschiedensten Post-Covid-Symptome, Diagnosemöglichkeiten und Behandlungsansätze. Das Problem bei der Diagnose ist, dass es keinen „Marker im Blut gibt, der eindeutig auf Long Covid hinweist“, so die Ärztin. Vielmehr gibt es laut Dr. Greber rund 200 Long Covid Symptome wie Belastungsintoleranz, Schmerzen, Konzentrationsprobleme, Durchblutungsstörungen, Schlafstörungen, erhöhter Herzschlag ohne Belastung. „Alle bekannten Symptome können aber auch von einer anderen Krankheit stammen und müssen in der Differenzialdiagnose ausgeschlossen werden“, verdeutlicht Dr. Greber die Problematik.
Diese Problematik kennt auch die ärztliche Direktorin der Drei-Burgen-Klinik in Bad Kreuznach, Dr. Dederichs-Masius. Sie unterstrich, dass Long Covid viele Gesichter habe und eine sehr differenzierte Diagnostik und individuelle Belastungssteuerung nötig sei, weil eine Überlastung zu einer Verschlechterung führen kann. Dies müsse in der Therapie und Reha-Medizin ausdrücklich berücksichtigt werden. Das sei eine große Herausforderung erfordere eine differenzierte Sicht auf den Patienten.
Links:
Selbsthilfegruppe in Mainz
www.longcovidmainz.de
Dr. Isabell Greber:
www.praxis-dr-greber.de
Drei-Burgen-Klinik:
www.drei-burgen-klinik.de