Interview: Thema Gesundheit & Ernährung – gesetzliche Änderungen in 2022

Interview bei www.gesundheit-rhein-nahe.de. Das Interview führte Joachim Kübler.
Sie vertreten die Bürger aus dem Wahlkreis 17 / Bad Kreuznach im rheinland-pfälzischen Landtag und sind für die SPD unter anderem in Ausschüssen zum Thema Verbraucherschutz und Landwirtschaft – diese Bereiche tangieren zwangsläufig auch den Bereich Ernährung und damit die Gesundheit.
+++ Was wird aus Ihrer Sicht eine der wichtigsten politische Änderung in 2022 sein? +++
Es wird viele gute Änderungen in 2022 geben und jede Änderung hat für die betroffenen Personen eine hohe Bedeutung. Ich glaube aber, dass die bessere Bezahlung im Pflegebereich gesamtgesellschaftlich und über die Parteien hinweg die vielleicht wichtigste Entscheidung ist.
Neben den Pflegeleistungen müssen wir in 2022 weiter die Aufwertung der Pflegeberufe als höchste Priorität ansehen. Dabei geht es nicht nur um mehr Geld, sondern auch um bessere Personalschlüssel – also weniger Patienten pro Pflegekraft, damit mehr Zeit für die zu Pflegenden und ein etwas entspannteres Arbeiten in den Pflegeberufen.
+++ Was ändert sich konkret? +++
In einigen Bereichen der Pflege gibt es ab 1. Januar 2022 mehr Geld. Fünf Prozent mehr gibt es zum Beispiel – ab Pflegegrad 2 – bei der Pflegesachleistung. Diese Leistung ist zur Unterstützung bei Körperpflege, Ernährung, Mobilität oder häuslicher Versorgung durch einen Pflegedienst. Auch für die Kurzzeitpflege wird der Leistungsbetrag ab dem 1. Januar 2022 um zehn Prozent angehoben. Er liegt dann bei 1.774 Euro. Und wer stationär im Pflegeheim lebt, wird ab 2022 beim Eigenanteil entlastet. Die Pflegeversicherung zahlt einen höheren Zuschuss zu den Pflege- und Ausbildungskosten. Der Zuschuss steigt mit der Dauer der Pflege an. Das sind im ersten Jahr fünf Prozent und bis im vierten Jahr bis zu 70 Prozent. Neu ist auch, dass pflegebedürftigen Menschen im Krankenhaus einen Anspruch auf Übergangspflege haben, wenn die Versorgung nicht anders sichergestellt werden kann – und zwar für insgesamt zehn Tage.
+++ Im Bereich der Organspende gibt es auch Änderungen! +++
Ja, es wird ein neues Onlineregister geben und die Informationen rund um die Organspende sollen ausgeweitet werde.
+++ Was bedeutet das in der Praxis? +++
In Hausarztpraxen soll ab März 2022 intensiv über die Möglichkeiten einer Organspende informiert. Und auf dem neuen Onlineregister können unter www.organspende-register.de ab März Erklärungen zu Organspende auch elektronisch abgeben oder widerrufen werden – auch eine App soll es geben. Das entsprechende Gesetz tritt am 1. März 2022 in Kraft tritt. Ganz wichtig aus meiner Sicht ist, dass die Entscheidungslösung im Kern unverändert bleibt. Das bedeutet: Eine Organspende ist grundsätzlich nur dann möglich, wenn die Spenderin bzw. Spender zu Lebzeiten eingewilligt hat oder die nächsten Angehörigen zugestimmt haben.
+++ Corona hat ja aufgezeigt, dass Deutschland auch im Gesundheitsbereich digital ganz schlecht aufgestellt und somit langsam ist. Ändert sich hier auch etwas? +++
Nach einer verlängerten Probephase wird das E-Rezept im Laufe des Jahres für verschreibungspflichtige Arzneimitte zur Pflicht. Gesetzlich Versicherte erhalten ab dann in der Arztpraxis nur noch elektronische Rezepte für verschreibungspflichtige Arzneimittel.
+++ Wo liegen die Vorteile für den Verbraucher? +++
Die vollen Vorteile hat man nutzen, wenn mein die Rezept-App auf dem Smartphone hat – dann erspart sich der Verbraucher viele Wege. Man kann das Rezept von überall an die Apotheke senden und erfahren, ob das Medikament vorrätig ist bzw., wann es abgeholt werden kann und gegebenenfalls kann man sich die Medizin auch liefern lassen. Wer kein Smartphone hat, bekommt von der Arztpraxis einen QR-Code ausgedruckt – der ist dann in der Apotheke vorzuzeigen.
+++ Lassen Sie uns mal auf das Thema Lebensmittel und Ernährung kommen. Können Sie einige gesetzliche Änderungen nennen? +++
Da geht es zum Beispiel um Zusatzstoffe in Lebensmitteln. Titanoxid findet sich unter der Bezeichnung E 171 in Süßigkeiten, Speiseeis oder Nahrungsergänzungsmitteln – Titanoxid sorgt dafür, dass Farbe oder Glanz ins Lebensmittel kommt. Aber man kann bei diesem Zusatzstoff nicht auszuschließen ist, dass er genetisches Zellmaterial verändern kann – deshalb darf er ab 2022 nicht mehr für Lebensmitteln verwendet werden.
Veränderungen gibt es auch bei den Höchstmengen für schädliche Inhaltsstoffe pflanzlichen Ursprungs. Dazu zählen die sogenannten Pyrrolizidinalkaloide, eigentlich ein natürlicher Fraßschutz einiger Pflanzen – sie können das Erbgut schädigen und Krebs hervorrufen. Pyrrolizidinalkaloide können in Lebensmitteln wie Tees, Kräutern und pflanzlichen Nahrungsergänzungsmitteln enthalten sein.
Ab 1. Januar 2022 tritt die neue EU-Öko-Verordnung in Kraft. Hier geht es um Änderungen im Kontrollsystem, neue Vorschriften für importierte Bio-Produkte, neue Anforderungen für Erzeuger und eine erweiterte Palette von Produkten, die als Bio-Produkte vermarktet werden können. Die EU-Öko-Verordnung regelt, wie Bio-Lebensmittel produziert, kontrolliert, gekennzeichnet und nach Europa importiert werden. Sie soll für einen faireren Wettbewerb sorgen und vor Irreführung bei Bio-Produkten schützen.
Auch beim Blei- und Cadmiumgehalt in Lebensmitteln gibt es Änderungen.
Die EU hat bereits im August 2021 strengere oder zusätzliche Höchstgehalte für Blei zum Beispiel in Säuglingsnahrung, Gewürzen, Wildpilzen und Salz festgelegt. Ab 2022 wird es auch beim Wein Änderungen des Grenzwertes geben – der wird von bisher 0,15 Milligramm auf 0,10 Milligramm pro Kilogramm Trauben gesenkt.
+++ Als Landtagsabgeordneter geben Sie sich bürgernah und bieten in Ihren Bürger- und Wahlkreisbüro Bürger-Sprechstunde an. +++
Ja, ich möchte nah bei den Bürgerinnen und Bürgern sein und deren Sorgen und Nöte sowie Anliegen und Erwartungen an die Politik erfahren, um Lösungen zu finden. Es gab schon viele gute Gespräche – auch wenn ich nicht jedes Problem lösen konnte. Zudem habe ich einen kostenlosen Newsletter, der auf der Internetseite bestellt werden kann.
+++ Wann ist die Bürger-Sprechstunde? +++
Jeweils am 2. Freitag im Monat 14 .00 bis 16:30 Uhr. Ideal ist es, wenn vorab ein Termin vereinbart wird, sodass ich auch Zeit habe.
Bürger- und Wahlkreisbüro, Beinde 50, 55543 Bad Kreuznach, Telefon 0671 / 92897593, buergerbuero@michael-simon-mdl.de.